Glossar

Aktivitätstafel

Für die Kapitalisierung des zukünftigen Schadens werden die Barwerttafeln zu Hilfe genommen. Die Aktivitätstafeln berücksichtigen neben der Sterbewahrscheinlichkeit auch das Invaliditätsrisiko gemäss der IV-Rentenstatistik. Sie sind auf die Kapitalisierung des Barwerts von Schadenposten anwendbar, die so lange andauern, bis der Geschädigte entweder stirbt oder arbeitsunfähig wird.

Mit den Aktivitätstafeln berechnet werden namentlich der Erwerbsausfall-, Haushalts- und Rentenausfallschaden.

Anspruchskonkurrenz

Oft erfüllt ein schädigendes Verhalten die Tatbestandsvoraussetzungen verschiedener Anspruchsnormen oder einem Geschädigten stehen Ersatzansprüche gegen verschiedene Personen zu. Diese Ansprüche bestehen jedoch in der Regel bloss nebeneinander (konkurrieren miteinander), und können nicht kumuliert werden. Ist ein Anspruch erfüllt gehen die anderen unter.

Anspruchskumulation

Bei der Anspruchskumulation beeinflussen die verschiedenen Ansprüche einander nicht. Jeder Ersatzpflichtige muss die ganze von ihm geschuldete Leistung allein und ohne Berücksichtigung von Verpflichtungen anderer erbringen. Die Leistungen werden untereinander nicht koordiniert. Anspruchskumulation ist z. B. erlaubt im Verhältnis zwischen Haftpflicht- oder Sozialversicherungsleistungen einerseits und andererseits Leistungen aus einer privaten Personenversicherung, die keinen schadenausgleichenden Charakter aufweisen.

Barwert

Der Barwert ist der Wert des zukünftigen Schadens im Berechnungszeitpunkt. Dies entspricht dem abgezinsten (diskontierten) Kapital nach Jahren. Stark vereinfacht wird mit der Kapitalisierung ermittelt, wie viel Geld (Barwert) der Geschädigte erhalten und zu einem bestimmten Zins anlegen muss, um seinen Anspruch in Zukunft auf die verlorengegangene periodische Leistung decken zu können.

Barwerttafeln

Als Hilfsmittel zur Kapitalisierung zukünftiger, periodisch wiederkehrender Leistungen stehen sogenannte Barwerttafeln zur Verfügung. Diese Tafeln enthalten Kapitalisierungsfaktoren, die von folgenden Komponenten abhängig sind:

·    Rentendauer
·    Kapitalisierungszinsfuss
·    Zahlungsweise
·    Alter und Geschlecht der massgebenden Person(en)
·    Statistische Daten über die Sterbens- und Invalidisierungswahrscheinlichkeit

Um den Barwert einer Rente zu erhalten, ist diese mit dem massgebenden Faktor zu multiplizieren. Die Barwerttafeln von STAUFFER/SCHAETZLE enthalten insbesondere Mortalitäts- und Aktivitätstafeln.

Befriedigungsvorrecht

Erst wenn der Schadenersatz an die geschädigte Person geleistet ist und die haftpflichtige Person und/oder deren Haftpflichtversicherung noch über freie Mittel verfügen, kann der Regressanspruch des Sozialversicherers teilweise oder ganz befriedigt werden. Die geschädigte Person geniesst gemäss Art. 73 Abs. 3 Satz 2 ATSG den Vorrang vor dem regressierenden Sozialversicherer.

Beweismass

Das Beweismass bestimmt, mit welchem Grad der Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit eine Tatsache nachgewiesen sein muss, damit der Richter den Beweis als geleistet erachten kann. Es gibt drei Stufen des Beweismasses: Regelbeweismass des Überzeugtseins, überwiegende Wahrscheinlichkeit und Glaubhaftmachen.


Regelbeweismass (strikter Beweis, strenger Beweis): Im Zivilprozess gilt ein Beweis grundsätzlich als erbracht, wenn der Richter aufgrund objektiver Gesichtspunkte von der Richtigkeit einer Sachbehauptung überzeugt ist. Dabei genügt es, dass er am Vorliegen der behaupteten Tatsache keine ernsthaften Zweifel mehr hat.


Überwiegende Wahrscheinlichkeit: Der Richter folgt jener Sachverhaltsdarstellung, die er von allen möglichen Geschehensabläufen als die Wahrscheinlichste erachtet. Die Herabsetzung des Beweismasses ist dann gerechtfertigt, wenn eine Tatsache von der Natur der Sache her nicht strikt bewiesen werden kann, wie etwa der natürliche Kausalzusammenhang.


Glaubhaftmachen: Der Richter muss von der Richtigkeit der aufgestellten tatsächlichen Behauptungen überzeugt sein. Die Möglichkeit, dass die Verhältnisse sich anders gestaltet hätten, muss nicht ausgeschlossen sein. Zur Anwendung kommt dieses Beweismass dort, wo schneller Rechtsschutz gefragt ist, bevor über bestrittene Tatsachen definitiv Beweis abgenommen wird.

Deckung

Versicherungstechnisch wird dann von Deckung gesprochen, wenn eine Versicherung aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Verpflichtungen für den Schaden aufzukommen hat, den eine bei ihr versicherte Person erlitten hat, sie mithin den Schaden deckt. Die Deckung kann unbegrenzt oder auf einen Höchstbetrag begrenzt sein. Für gewisse Risiken sieht das Gesetz Mindestversicherungssummen vor (z. B. Art. 3 VVV).

Direktschaden

Der Direktschaden definiert sich als der Schadensteil, der der geschädigten Person verbleibt, wenn vom haftpflichtrechtlichen Gesamtschaden die Leistungen der Sozialversicherungen abgezogen sind.

Erwerbsschaden

Es handelt sich um den Schaden, den eine Person erleidet, weil sie infolge eines Schadenereignisses in der Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt wird. Der Erwerbsschaden ergibt sich aus der Differenz zwischen dem (hypothetischen) Valideneinkommen, d.h. dem, was der Geschädigte ohne Unfall verdient hätte, und dem Invalideneinkommen, das er zumutbarerweise noch realisieren kann.

Haftung

Haftung bedeutet Einstehenmüssen für einen Schaden, den man anderen zugefügt hat. In der Regel handelt es sich um Tötung, Körperverletzung oder Sachschaden, mitunter um blossen Vermögensschaden. Meistens wird der Schaden durch einen Unfall verursacht. Das Haftpflichtrecht umfasst die Gesamtheit der Bestimmungen, welche die Ersatzpflicht aus Schadenzuführung regeln. Umfasst sind damit die Haftung als solche, deren Umfang, die Berechnung des Schadens, die Genugtuung, die Regelung bei mehreren Haftpflichtigen und deren Rückgriffsmöglichkeiten, die Verjährung sowie die Durchsetzbarkeit des Schadenersatzanspruchs über die Verteilung der Beweislast.

Haftungsgründe

Die ausservertraglichen Haftungsgründe im Privatrecht bilden die Verschuldungshaftung, milde Kausalhaftung und die scharfe Kausalhaftung. In Abweichung dazu unterteilen sich die vertraglichen Haftungsgründe in Verschuldenshaftung, Kausalhaftung und eingeschränkte Haftung.

Haushaltsschaden

Damit wird der Verlust bezeichnet, der eine Person infolge einer Körperverletzung dadurch erleidet, dass die Hausarbeiten nicht mehr oder nur mit wesentlich höherem Aufwand selbst besorgen kann. Diese Beeinträchtigung wird als ersatzfähiger Schaden selbst dann anerkannt, wenn die geschädigte Person darauf verzichtet, gegen Entgelt eine auswärtige Haushaltshilfe beizuziehen.

Kapitalisieren

Mit Hilfe der Kapitalisierung wird der sogenannte Barwert einer periodischen Leistung ermittelt. Er stellt den heutigen Gegenwert der künftigen, periodischen Leistungen dar. Stark vereinfacht geht es um die Frage, wie viel Geld der Geschädigte erhalten und zu einem bestimmten Zins anlegen muss, um seinen Anspruch auf die periodische Leistung in Zukunft decken zu können. Als Hilfsmittel zur Kapitalisierung periodischer Leistungen dienen die Barwerttafeln.

Kausalhaftung

Gemeines Merkmal der Kausalhaftungen ist, dass sie kein Verschulden voraussetzen. Ein gemeinsames positives Merkmal besteht demgegenüber nicht. Die einen knüpfen an objektivierten Sorgfaltspflichten (z. B. Art. 55 OR) an, die anderen an einer Überschreitung der mit einer bestimmten Rechtsstellung (z. B. Eigentum) verbundenen Befugnissen (z. B. Art. 679 ZGB) und wiederum andere an der Realisierung bestimmter Gefahren (z. B. Art. 58 SVG).


Siehe auch milde Kausalhaftung und scharfe Kausalhaftung

Kausalität

Beim Kausalzusammenhang geht es grob um das Verhältnis von Ursache und Wirkung. Man unterscheidet rechtlich zwischen dem natürlichen und dem adäquaten Kausalzusammenhang.

Der natürliche Kausalzusammenhang liegt vor, wenn ein Umstand (die Ursache) eine notwendige Bedingung (eine „conditio sine qua non“) einer Schädigung ist, d.h. der Umstand darf nicht weggedacht werden, ohne dass auch die Schädigung entfiele.

Der adäquate Kausalzusammenhang liegt dann vor, wenn ein Umstand nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Erfahrung geeignet ist, den eingetretenen Erfolg zu bewirken, so dass der Eintritt dieses Erfolges als durch die fragliche Ursache wesentlich begünstigt erscheint.

Merke: der natürliche Kausalzusammenhang ist eine Tatfrage und kann daher vom Bundesgericht nicht überprüft werden. Der adäquate Kausalzusammenhang ist dagegen eine Rechtsfrage und untersteht der bundesgerichtlichen Würdigung.

Kongruenz

Das Kongruenzprinzip ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Schadenausgleichsrechts und gilt beim für den Regress ausschlaggebenden Zusammenspiel der Leistungen aus Sozial- und/oder Privatversicherung mit solchen aus Haftpflicht. Im Sozialversicherungssystem ist die Kongruenz bei der zweigübergreifenden Koordination, der sog. intersystemischen Koordination, von Bedeutung (Art. 63 – 71 ATSG). Bei der Koordination der Versicherungsleistungen mit Haftpflichtansprüchen ist die Kongruenz das Mittel, schadenausgleichende Leistungen aus beiden Systemen zusammenzuführen und in ihrem Zusammenwirken zu überprüfen, ob sie den Schaden zu decken vermögen oder eine Überentschädigung bewirken.


Sie umfasst vier Teilaspekte: Die ereignisbezogene, sachliche, zeitliche und personelle Kongruenz und übt eine Filterfunktion aus: Nicht kongruente Leistungen fallen aus der Koordination.

Milde Kausalhaftung

Die Lehre spricht auch von gewöhnlichen oder einfachen Kausalhaftungen. Die Milde soll darin liegen, dass sie immer noch eine Ordnungswidrigkeit, eine Unregelmässigkeit besteht. Es kann sich dabei um Verstösse gegen objektivierte Sorgfaltspflichten (Art. 55 und 56 OR), um Werkmängel (Art. 58 OR), Fehler (Art. 1 und 4 PrHG), um eine Überschreitung des Eigentums (Art. 679 ZGB) oder um eine mit einer Verletzung objektivierten Sorgfaltspflichten verbundene Haftung für fremdes Verhalten (Art. 55 OR und Art. 333 ZGB) handeln.

Mortalitätstafel

Für die Kapitalisierung des zukünftigen Schadens werden die Barwerttafeln zur Hilfe genommen. Massgeblich für die Berechnung des zukünftigen, bis zum Tod dauernden Schadens ist die in Zukunft zu erwartende, mittelfristige Entwicklung der Sterblichkeit und nicht die im Berechnungszeitpunkt bestehende Sterbewahrscheinlichkeit des Geschädigten. Dafür werden in der Praxis die Barwerttafeln von STAUFFER/SCHAETZLE verwendet.

Die Mortalitätstafeln basieren auf den Sterbetafeln der AHV. Sie sind im Schadenersatzrecht anwendbar, wenn der zukünftige Schaden bis zum mutmasslichen Tod des Geschädigten andauert oder das Invaliditätsrisiko nicht berücksichtigt werden muss. Mit Mortalitätstafeln zu berechnen sind beispielsweise die behinderungsbedingten Mehrkosten oder der Pflege- und Betreuungsschaden.

Personenschaden

Als Personenschaden bezeichnet man die wirtschaftlichen Nachteile, die durch eine Körperverletzung oder durch eine Tötung eines Menschen entstehen. Körperverletzung wird definiert als Beeinträchtigung der körperlichen (physischen) oder seelischen (psychischen) Integrität eines Menschen. Als Tötung gilt die Beendigung der menschlichen Persönlichkeit durch Fremdeinwirkung. Was als wirtschaftlicher Schaden zu entschädigen ist, regeln Art. 45 und 46 OR. Zu entschädigen sind danach primär die entstandenen Kosten, der Erwerbsausfall und der Versorgungsschaden; der Verlust des Lebens an sich begründet keinen Schadenersatzanspruch. Der Schmerz der Angehörigen gibt diesen aber allenfalls Anspruch auf eine Genugtuung.